Alarm

Feuerwehrstation New York

Eine typische Feuerwehrstation in New York, hier im West Village. Es gibt über 200 Feuerwachen im Stadtgebiet, die sich meistens in “Engine” und “Ladder” Companies aufteilen, dazu 7 Squad Companies, die universell einsetzbar sind.

Den 29. Februar  konnte ich dieses Mal gar nicht richtig würdigen. Er war da, und dann war er auch schon wieder weg. In einer Stadt wie New York fällt so ein Tag (der ja eher ist wie Bielefeld, es gibt ihn ja eigentlich nicht) gar nicht auf. Hier muss ein Tag laut und schrill sein, um sich durchsetzen zu können: HALLOWEEN! BÄÄÄM! X-MAS!!! KLINGELING!!! usw. Der 29. Februar ist so leise, es gibt keine Parade, fast niemand hat Geburtstag, im Grunde ein „Anti-Feiertag“ - ein Tag mehr zum Arbeiten. 

Dann der 1. März. In einer Stadt, die niemals schläft, wollte ich mal ausschlafen, da ich ziemlich erkältet war. Das ging gut bis 4 Uhr morgens, als ich von lautem, elendiglich langem Sirenengeheul aufgeweckt wurde. Auch einen Hubschrauber höre ich über unseren Block in offenbar sehr niedriger Höhe fliegen. Völlig ermattet bin ich dann auch gleich wieder eingepennt. Irgendwann wache ich dann gegen 7 Uhr auf, weil es leicht nach Rauch riecht (mehr nehme ich nicht wahr, weil ich ja so erkältet bin), und sehe, dass die Feuerwehr in der Straße gegenüber steht - wahrscheinlich schon seit drei Stunden. Dass ich dabei schlafen kann, zeigt mir wieder einmal, dass ich zu müde für diese Stadt bin. Sie macht mich fertig. 

Nach ca. 4 Stunden ist die Feuerwehr endlich weg.

 Ich erledige meine Morgenpflichten und freue mich, dass schon der 1. März ist. Noch 5 Wochen, und ich bin wieder in heimischen Gefilden, kann endlich wieder frei atmen und durch die gute Taunusluft im Wald laufen, an der Nidda spazieren gehen, kann Grüne Sosse essen, Forellen verspeisen, Spargel am Büdchen kaufen (ohne dass da nachts Ratten drüber laufen, wie hier vermutlich an den Gemüseständen, die nachts kaum abgedeckt einfach stehen bleiben).

Auf meinem Einkaufsweg komme ich dann am Brandort vorbei, aber da war immer noch die Avenue in einer Fahrtrichtung gesperrt und Feuerwehrautos hielten Wache. Die müssen nachts auch in der gesamten angrenzenden Straße gestanden sein.

Der Imbiss-Laden unten in dem großen, alten Eckhaus ist komplett zerstört, der 2 Stock sah auch nicht gut aus. Hat sich wohl jemand nachts noch für den kleinen Hunger die Fritteuse angeworfen?

Und wir merken uns: Niemals irgendwo übernachten, wo untendrunter zweifelhafte "Food Center" sind!

Allerdings gibt es momentan viele Feuer, die durch unsachgemäßes Laden von E-Bike-Lithium-Batterien in Wohnungen (gerne mit sehr desolater Elektrik) entstehen, auch hier soll ein E-Bike der Auslöser gewesen sein, berichtet die Presse später.

Am nächsten Tag ist alles picobello aufgeräumt, die Straße gereinigt, die Rollläden des kleinen Imbiss geschlossen. Feuerwehr und Polizei erscheinen mir hier immer wieder sehr effektiv. Wenn etwas passiert, sind binnen kürzester Zeit erste Einsatzkräfte vor Ort, die richtig schnell organisieren und zupacken. Ohne sie wäre eine solche enge Bebauung für so viele Menschen auf engstem Raum gar nicht möglich. Wenn ich Feuerwehrleute in ihren schweren Monturen sehe, kommen mir immer wieder die Bilder von 9/11 ins Gedächtnis. Ohne zu zögern stürmten sie zur Hilfe herbei, in die beiden Türme, die zu einer schrecklichen Falle wurden. Auf den Granitplatten des Memorials stehen unzählige Namen von  Feuerwehrleuten und Polizisten, die an diesem Tag in den Türmen starben. An den meisten Feuerwachen der Stadt gibt es Ehrentafeln für die Kollegen, ganze Trupps bzw. Löschwagenbesatzungen kamen ums Leben. Dafür genießen sie hohen Respekt bei der Bevölkerung. Wann immer Feuerwehrleute mittags in einen Imbiss oder ein Café kommen, werden sie Angesprochen und Menschen lassen sich mit ihnen fotografieren, nicht nur Touristen, sondern auch ganz normale New Yorker. Jeder weiß, dass diese Stadt nur funktionieren kann, wenn man vor Bränden geschützt ist, wenn Feuer in den riesigen Hochhäusern schnell bekämpft und gelöscht werden können. Und es brennt oft, gerade in Altbauten sind die Elektroleitungen oft abenteuerlich und extrem unprofessionell verlegt, gebastelt, repariert. Strommasten in der Innenstadt recken verhedderte Kabelstränge und morsche Isolatoren empor, ein Wunder, dass nicht noch mehr passiert. Hydranten lecken und waren im Winter zum Teil völlig vereist, wie kleine Skulpturen standen sie in gefrorenen Wasserfällen. Dafür kennt aber jeder die Feuertreppen außen an den alten Häusern, die gerade während der Pandemie als Ersatz-Balkone genutzt wurden, weil sie oft die einzige Möglichkeit zum Sitzen an der frischen Luft darstellten. Bei dem Brand bei mir um die Ecke scheinen sie aber nicht für die Rettung benutzt worden sein, die unteren Leitern waren nicht ausgeklappt. Die Leiterfahrzeuge der Feuerwehr sind mittlerweile wohl sehr viel effektiver zur Rettung.

Für die städtische Infrastruktur ist die Feuerwehr also lebensnotwendig. In jedem Viertel gibt es daher Feuerwehrstationen. Die Mannschaften dort begreifen sich als große Familie, so werden dort dann auch bei vielen Gelegenheiten die Autos auf die Straße und Biertischgarnituren in die Halle gestellt, und dann wird gegrillt und gefeiert, es ist also auch ein soziales Kommunikationszentrum für das Viertel. 

Besonders beliebt bei Touristen ist ein Foto von der Feuerwache Hook and Ladder Company No. 8, die als Filmkulisse in „Ghostbusters“ diente und vom Schauspieler und Drehbuchautor Dan Aykroyd persönlich ausgesucht wurde. Besonders beeindruckend aber ist das zerstörte Feuerwehrfahrzeug Ladder 3 im National September 11 Memorial Museum. Hier wird es jedem klar: Diese Menschen setzen im Ernstfall ihr Leben für unseres ein. 

 

Zurück
Zurück

Die Stadt, die niemals schläft

Weiter
Weiter

Der Preis der Liebe