Sichtbar machen
Mach sichtbar, was vielleicht ohne dich nie wahrgenommen worden wäre.
– Robert Bresson –
Ich kenne das Guggenheim Museum seit meiner Kindheit von vielen Fotos – mein Vater war Professor für Architektur und hat, als ich klein war, oft im Wohnzimmer mit unserem Diaprojektor seine Vorlesungen für Architekturtheorie vorbereitet. Das Guggenheim-Museum war für mich ein Highlight aufgrund seiner kühnen und ganz besonderen Architektur. Auch als noch-nicht-Schulkind begriff ich die Einmaligkeit dieses Gebäudes, das so ganz anders aussah, als alles andere in der Umgebung, einem kleinen Weindorf in Rheinhessen. Sein Architekt, Frank Lloyd Wright hat noch andere Gebäude entworfen, die ich als Kind bewunderte. Mein Vater hat diese Gebäude selbst nie besuchen können, aber ich konnte ihm nach Besuchen in Chicago und New York kurz vor seinem Tod erzählen, wie beeindruckend sie „in echt“ sind. Für das Guggenheim Museum habe ich mir sofort eine Mitgliedschaft besorgt, so kann ich kostenlos hineingehen, wann immer ich möchte. Jeder Besuch ist für mich ein Andocken ans Mutterschiff. Oder sollte ich sagen, Vaterschiff? Ich fühle mich jedenfalls meinem Vater in diesem Gebäude sehr verbunden. In diesem Gebäude fühlt man sich einfach sehr wohl, wenn man die leicht geneigte Rampe herauf- oder hinabschlendert. Jeder Standort hat seine eigene Perspektive, mit Ausblicken nach oben und unten, gegenüber. Der Blick direkt in die Kuppel faszinieret mich immer noch genauso, wie bei meinem allerersten Besuch.
Es ist ein sehr menschliches Maß, keine pompöse Struktur, die Macht oder Reichtum demonstrieren will, sondern ein angenehmer Raum, der erschlendert werden möchte.
Das Guggenheim Museum in New York ist nicht nur eine Ikone der Architektur, sondern sicher auch eines der am meisten fotografierten Gebäude der Welt. Es ist sehr schwer, da noch einen einmaligen, neuen Blick hinzuzufügen, etwas, das so noch nie gesehen wurde. Aber bei einem Besuch mit Freunden geschah es, dass ich dann doch eine Entdeckung machte: Die Dauerausstellung zu dem Zeitpunkt war so organisiert, dass man die Rampe in der Rotunde von unten nach oben laufen sollte. An diesem Tag aber fühlte sich meine Begleitung nicht gut und wir nahmen den Aufzug direkt nach oben, um in der Gegenrichtung langsam hinab zu schlendern. So kam es, dass ich oben sehr viel Zeit hatte (ich war bestimmt das siebte oder achte Mal in dieser Ausstellung). Ich hatte einfach genügend Zeit, um auch sonst vernachlässigten Details Aufmerksamkeit zu widmen. Und so habe ich dort tatsächlich eine wunderschöne Entdeckung gemacht und für euch festgehalten: In einem der goldenen Trinkwasserspender des Museums spiegelt sich nicht nur die Rotunde, sondern auch noch in jedem einzelnen der kleinen und großen Wassertropfen in dem Becken ist die Rotunde zu sehen. Wunderschön. Diese Fotos machen mich gerade sehr glücklich!